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Veranstaltungen

29.09.2018

Performance, Vortrag, Filmvorführung

Which Times do you Embody?
Künstlerische Recherche zur kolonialen und interkulturellen Gegenwart

19 – 23 Uhr

Film still, Nina Fischer & Maroan el Sani, Freedom of Movement, 2018


Wie schreibt sich Geschichte in Körper ein? Welche Geschichten verkörpert wer? Welche Körper repräsentieren welche Geschichte? Und welche Stimmen gehen nicht in die Geschichte ein? Wie kann Geschichte re-kontextualisiert, ihre institutionelle Macht gegen-gelesen werden?
Mit einer Folge von vier performativen Handlungen und Lesungen sowie filmischen Präsentationen widmet sich der Abend künstlerischen Reflexionen postkolonialer Praxis, ihren Strategien und Auslassungen.


Alessandra Ferrini, 1984 in Florenz geboren, lebt und arbeitet in London. Ferrini ist Künstlerin, Wissenschaftlerin und Pädagogin. Ihr künstlerischer Ansatz umfasst Fotografie-basierte Medien, (post)koloniale Studien und Erinnerungsforschung sowie historiografische und Archiv-basierte Praktiken. Gaddafi in Rome: The Expanded Script ist eine performative Lecture basierend auf dem Essay-Film Gaddafi in Rome: Notes for a Film – der sich gerade in Produktion befindet. Der Essay-Film beleuchtet ein politisches Ereignis, das in einem bisher nicht bekannten Maße zum Einsatz der Echtzeit-Berichterstattung vonseiten einer populären Zeitung, der La Repubblica, geführt hat: das Treffen zwischen Silvio Berlusconi und Muammar al-Gaddafi im Jahr 2009 in Rom. Ausgehend von dem von La Repubblica online veröffentlichten (und archivierten) Newsfeed entsteht so ein Filmskript, das Text, YouTube-Videos, in Rom vorgefundenes Archivmaterial und Filmmaterial vereint. Der 35-mm-Low-Fi-Film wird von einem Voiceover begleitet, das die der zeitgenössischen internationalen Politik inhärenten performativen Aspekte zum Vorschein bringt.

Nina Fischer & Maroan El Sani leben in Berlin und arbeiten seit 1993 zusammen. Sie benutzen die fiktiven und suggestiven Qualitäten des Mediums Film zu Neuinterpretationen sozialer und urbaner Räume. Bezugnehmend auf den Marathonlauf während der Olympischen Spiele von Rom im Jahr 1960, bei dem der barfuß laufende Äthiopier Abebe Bikila die erste Goldmedaille für Schwarzafrika gewann und zur Sportlegende sowie zum Symbol eines sich selbst vom Kolonialismus befreienden Afrikas wurde, haben Fischer & El Sani inmitten Roms rationalistischer Architektur ein neues Rennen rekontextualisiert. In das Projekt eingebundene Flüchtlinge und Immigranten fordern damit ihr Recht auf Bewegungsfreiheit ein, verstanden auch als Möglichkeit, in einem anderen Land aufgenommen zu werden.

Heide Hinrichs, Villa Romana-Preisträgerin 2015, lebt in Brüssel (B) und Hatten (D) und lehrt an der Royal Academy of Fine Arts in Antwerpen. Vor Kurzem veröffentlichte sie die inoffizielle deutsche Übersetzung von Theresa Hak Kyung Chas Buch Dictée zusammen mit den Druckausgaben aus den Jahren 1982 und 1995. Die Künstlerin Cha wurde 1951 während des Koreakrieges in Busan geboren. 1963 siedelte ihre Familie von Südkorea nach San Francisco über. Eine Woche nachdem Dictée im November 1982 erschienen war, wurde Theresa Hak Kyung Cha in New York vergewaltigt und ermordet.
"Ich folge den neun Wegen, die du vorgibst: Sie führen von einem dunklen, verlassenen Ort, der für Traumata und Exil steht, zu einem hellen, freundlichen Ort, der ein Zuhause bietet, wobei sie übergangene, vielschichtige, mit der Kolonisation und den Geschlechtseigenschaften verbundene Erfahrungen zum Ausdruck bringen. Ich gebe eine der hunderttausend möglichen Lesarten deiner Erinnerungswege wieder. Ich möchte diesen Tribut zollen, damit sie erneut gelesen, erzählt und gehört und nicht als vergessene Geschichte wiederholt werden." (Heide Hinrichs)

William Locke Wheeler und Stefan Pente (Villa Romana-Preisträger 2017) leben in Berlin und arbeiten seit vielen Jahren zusammen: "Um an einem sogenannten postkolonialen Diskurs teilzunehmen, beleuchten und hinterfragen wir ausgehend von unserer persönlichen Erfahrung, inwieweit weiße Körper unter physischen, sozialen und politischen Aspekten in Prozesse der Dekolonisation eingebunden sind. In Bezugnahme auf unsere aktuelle Umbruchsituation (Trennung) nach 18 Jahren der Zusammenarbeit und des Zusammenlebens auf privater sowie beruflicher Ebene greifen wir auf unsere Erfahrungen zurück, die mit der gegenseitigen Loslösung und Emanzipation verbunden sind.
Als zwei weiße, männliche, schwule europäische /nordamerikanische Individuen mittleren Alters führen wir zwei getrennt konzipierte Choreografien zeitgleich am selben Ort auf. Wir vermitteln durch unseren Tanz eine Archäologie des Selbst sowie eine Vorstellung von Rückzug, Co-Abhängigkeit /Unabhängigkeit /Abhängigkeit, De- und Reterritorialisierungen, Einigkeit und Uneinigkeit. Wir erforschen dabei, inwieweit wir in uns selbst gefangen sind, und wenden uns vom anderen als Spiegel unserer selbst ab." (William Locke Wheeler und Stefan Pente)


Programm

PERFORMANCE-VORTRAG
Alessandra Ferrini, Gaddafi in Rome: The Expanded Script
 
SCREENING
Nina Fischer & Maroan el Sani, Freedom of Movement, 2018 (30’21’’)

PAUSE
 
LESUNG
Heide Hinrichs, Silent Sisters
 
TANZ /PERFORMANCE
William Locke Wheeler und Stefan Pente,
The Number Twelve /point of destination as new point of origin



Mit freundlicher Unterstützung von
 

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