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Veranstaltungen

04.05.2016

Filmprogramm

Memories in Stone: a Screening
kuratiert von Cecilia Canziani und Maya Schweizer

Denkmäler prägen den öffentlichen Raum und legen Zeugnis ab von historischen Ereignissen, die meist traumatisch und manchmal feierlich sind. Bis zum Zweiten Weltkrieg hatte das Denkmal eine relevante gesellschaftliche und ästhetische Funktion inne, die der Konstruktion von öffentlicher Erinnerung, öffentlichen Narrativen und öffentlichem Bewusstsein galt.
Heute wird die ursprüngliche Bestimmung des Denkmals, an kollektive Ereignisse erinnern zu können, infrage gestellt. Wie stellen wir dann Geschichte dar, wie geben wir Erinnerung weiter und wie bringen wir unsere Traumata zum Ausdruck? Überdauert das Denkmal die Geschichte? Gibt das Denkmal Geschichte wieder?
Zwei Themen stehen im Mittelpunkt des Screenings, das sich mit der materiellen Form von Erinnerung auseinandersetzt und das Verhältnis von zeitgenössischen Künstlern und Denkmälern anhand von Beobachtungen, Dokumentationen und Performances analysiert, um der gegenwärtigen Erinnerung an historische Ereignisse, die sie bezeugen, eine neue Gestalt zu verleihen. Frankreich, 2014, HDV Farbe/Ton, 13 Min

Maya Schweizer, Der sterbende Soldat von Les Milles, Frankreich, 2014, HDV Farbe/Ton, 13 Min



Programm

20.30 Uhr / Teil 1
Materialität der Erinnerung

Alexander Kluge und Peter Schamoni
Brutalität in Stein
1961, Schwarz-Weiß/Ton, 10:41 Min

In seinem experimentellen Kurzfilm Brutalität in Stein führt Alexander Kluge vor Augen, wie sich die NS-Architektur unmenschlicher und gigantischer Dimensionen bediente, um die NS-Ideologie wirkungsvoll zu untermauern. Aufnahmen von imposanter neoklassizistischer Architektur aus der NS-Zeit werden zu der nicht minder inhumanen NS-Sprache als Voice-over in Beziehung gesetzt.

Maya Schweizer
Le Soldat mourant des Milles
2014, Les Milles, HDV Farbe/Ton, 13 Min
Courtesy und copyright Maya Schweizer

Eine Videoarbeit, in der die Vergangenheit das Alltagsleben von Les Milles einholt. Ein ehemaliges Ziegelwerk im Stadtzentrum wurde während des Zweiten Weltkrieges zum Internierungslager für Deutsche umfunktioniert und diente später als Konzentrationslager. Durch Montage- und Schnitttechniken gelingt es Schweizer, die Vergangenheit in die Gegenwart zu projizieren.

Deimantas Narkevičius
The Head
2007, 35 mm-Film (Archivmaterial) übertragen auf DVD, Farbe und Schwarz-Weiß/Ton, 12 Min
Courtesy Deimantas Narkevičius und gb agency, Paris

Der Film The Head wurde mit gefundenem Bildmaterial aus den 60er- und 70er Jahren realisiert und zeichnet den Entstehungsprozess der weltweit größten Porträtbüste nach, die der Bildhauer Lew Jefimowitsch Kerbel ausführte. Das Karl-Marx-Monument wurde 1971 in Karl-Marx-Stadt (heute Chemnitz) errichtet. Das gesamte Material für diesen Film wurde vom offiziellen DDR-Fernsehen zu Informations- und Propagandazwecken produziert. Es dokumentiert einen Prozess, der in Bezug auf seine Ziele und Intentionen beispiellos ist, aber anachronistisch erscheint oder im scharfen Gegensatz zur gängigen Ästhetik öffentlicher Räume in den meisten europäischen Städten steht.

Raphaël Zarka
Gibellina Vecchia
2010, 16-mm-Film übertragen auf HD, Farbe/Ton, 11 Min
Courtesy Raphaël Zarka und Michel Rein, Paris/Brüssel

Raphaël Zarka filmte mehrmals in der Gegend von Gibellina. Cretto ist ein Denkmal, das den Opfern des Erdbebens gewidmet ist, das 1968 das gesamte Belice-Tal auf Sizilien verwüstete. Gleichzeitig ist Cretto eine großformatige öffentliche Skulptur von Alberto Burri, die begehbar ist. So kann sie der Besucher durchstreifen und dabei die Gassen des alten Dorfes zurückverfolgen. Zarkas Film besteht aus Standbildern, die die Gegend erfassen und den Ort erkunden, der Vergangenheit und Gegenwart, Skulptur und Aktion, Performance und Stille in sich vereint.

Artur Żmijewski
A Dream of Warsaw
2005, 18 Min
Courtesy Artur Żmijewski; Foksal Gallery Foundation, Warschau und Galerie Peter Kilchmann, Zürich

Żmijewskis Film dokumentiert den Aufbau von A Dream of Warsaw, der letzten Ausstellung über Oskar Hansen, den polnischen Architekten, Stadtplaner, Theoretiker und Professor. Hansen fasste die Architektur als einen offenen Prozess auf, der es dem Benutzer ermöglicht, das Werk aktiv mitzugestalten und am Werkprozess teilzuhaben. In den 60er-Jahren entwickelte er seine Theorie weiter und entwarf das „Linear Continuous System“, das seine Idee der „Offenen Form“ auf Großprojekte wie regionale und nationale Vorhaben übertrug. Durch seine langjährige Lehrtätigkeit an der Warschauer Kunstakademie beeinflusste Hansen eine Vielzahl von zeitgenössischen polnischen Künstlern. A Dream of Warsaw wurde im Februar 2005 in der Foksal Gallery Foundation eröffnet und stellte einen Fernsehturm zur Schau, um ein Gegengewicht zu dem stalinistischen Palast für Kultur und Wissenschaft zu bilden. Der Dokumentarfilm verknüpft Szenen von Hansens Zusammenarbeit mit dem Bildhauer und Performancekünstler Paweł Althamer mit Aufnahmen von Hansens Beerdigung. Er verstarb, während Żmijewski den Film bearbeitete.

21.30 Uhr / Teil 2
Performing Memory

Rossella Biscotti
Il processo (The Trial)
2010-2013, super8-Film übertragen auf Video, Schwarz-Weiß/ohne Ton, 8:45 Min
Courtesy Wilfried Lentz Rotterdam, copyright Rossella Biscotti

Il processo (The Trial) [Der Prozess] setzt sich mit dem "Processo 7 aprile" (1983-84) gegen die Mitglieder der linksradikalen militanten Bewegung Autonomia Operaia auseinander. Biscottis Recherche begann 2006 kurz bevor das Gebäude von einem Gericht in ein Sportmuseum umgewandelt wurde. Der Film ist Teil einer komplexen Installation, die aus Betonskulpturen besteht, die ihrerseits auf Abgüssen von dem Gerichtssaal basieren, die vor der Zerstörung angefertigt wurden. Diese werden von einer sechsstündigen bearbeiteten Tonaufnahme vom "Processo 7 aprile" begleitet. Zu den Verteidigern während der Verhandlung zählten die Philosophen Antonio Negri und Paolo Virno und weitere Intellektuelle, denen die ideologische und moralische Verantwortung für den italienischen Terrorismus, der sich in den späten 1970er Jahren entwickelte, zur Last gelegt wurde. Der Film verfolgt eine Performance, die in dem abgesicherten, 1934 von dem rationalistischen Architekten Luigi Moretti entworfenen Gerichtsgebäude aufgeführt wurde, in dem auch der Prozess stattfand.

Maya Schweizer
Sous les Jardins, Villa Torlonia, 2014
2014, Rom, HD Video, 4 Min
Courtesy und copyright Maya Schweizer


Der Film zeigt den öffentlichen Park der Villa Torlonia, die sich über mehreren Katakomben erhebt. Die Kamera beobachtet und vermisst das Gelände, fängt Details ein und hält lange Aufnahmen aus verschiedenen Perspektiven fest. Gefundenes und neues Bildmaterial werden übereinandergelagert und entwerfen ein Porträt der Villa, das keine rationalen Erklärungen bereithält. In Analogie zu Schweizers Ansatz, dem eine Kontextualisierung ohne vorgefertigte Interpretationen zugrunde liegt, ist die Villa Torlonia in Form von Geschichtsfragmenten dargestellt, die wie ein Puzzle zusammengefügt werden müssen.

Gordon Matta-Clark
The Wall
1976, 16 mm-Film übertragen auf HD, Farbe/Ton, 15:04 Min

Der neu montierte Film ist ein seltenes Dokument einer Perfomance, die Matta-Clark 1976 in Berlin aufführte. Die Arbeit beginnt mit dem folgenden Statement: „1976 kam Matta-Clark anlässlich der von der Akademie der Künste und der Berliner Festwochen organisierten Ausstellung Soho in Berlin nach Deutschland, um ein Loch in die Berliner Mauer zu sprengen. Da Freunde ihn von diesem selbstmörderischen Vorhaben abhielten, realisierte er stattdessen eine Performance.“ Der Film hält die Momente fest, in denen Matta-Clark die Aufschrift 'Made in America' aufsprüht, Werbeplakate über Graffiti klebt und schließlich mit der Polizei aneinandergerät. Diese Arbeit ruft nicht nur eine wenig bekannte Performance von Matta-Clark in Erinnerung, sondern ist auch als historische Zeitkapsel einer politischen und physischen Landschaft zu verstehen, die heute nicht mehr existiert.

Massimiliano und Gianluca De Serio
Sestetto
2008, HDV, Ton, 6 Min
Courtesy Massimiliano und Gianluca De Serio

Sechs Musiker beziehen sechs verschiedene Kellerräume eines historischen Gebäudes, der Rocca di Verrua Savoia, und improvisieren eine Musik-Session, indem sie mit derselben Tonalität beginnen. Dann aber folgen sie ihrem eigenen Rhythmus in einer kollektiven und zugleich persönlichen Performance, die an die sechs Opfer erinnert, die 1957 den Tod fanden, als die Festung auf die darunterliegenden Häuser hinabstürzte.

Cyprien Galliard
Real Remnants of Fictive Wars PART V
2004, 35 mm-Film, 7:15 Min
Courtesy Laura Bartlett Gallery, London; Bugada Cargnel, Paris; Sprueth Magers, Berlin

Real Remnants of Fictive Wars PART V ist ein Film, der eine Rauchwolke einfängt, die eine romantische Landschaft verhüllt, und die diesem Geschehnis innewohnende Gewalt und betörende Schönheit zum Ausdruck bringt.

Johanna Billing
I'm Gonna Live Anyhow Until I die
2012, HD, 16:29 Min loop
Courtesy Johanna Billing und Hollybush Gardens, London und Laveronica Arte Contemporanea, Modica

Produziert von der Fondazione Sandretto Re Rebaudengo und dem MAC, Belfast, mit Unterstützung von Iaspis (Internationales Programm des schwedischen Komitees zur Vergabe von Künstlerstipendien). 
Untermalt von Musikaufnahmen, die von dem experimentellen Musiker Franco Battiato inspiriert sind, folgt Billings Video einer Gruppe italienischer Kinder, die durch die Straßen Roms laufen und scheinbar das tun, worauf sie gerade Lust haben. Ihr Abenteuer findet seinen Höhepunkt in einem leeren Schulgebäude, in dem sie mit alten Lerngeräten und der Ausstattung zu spielen beginnen. Billings Arbeit, die von ihrem Rom-Aufenthalt während der Proteste gegen die Bildungsreform im Jahr 2010 beeinflusst ist, erforscht Roms Geschichte der progressiven Pädagogik und spielt auf die Psychoanalyse, Pier Paolo Pasolini und Bruno Munari an. Darüber hinaus bezieht sich die Arbeit auf die frühe Tradition italienischer Filmemacher, die in ihren meist biografischen Filmen über die 40er- und 50er-Jahre den Fokus auf die Freiheit des Kindes legen und dabei ihre Stadt erforschen, um über historische und gesellschaftliche Umbrüche zu reflektieren.

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