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Ausstellungen

10.10.                     07.11.2014

WORD+MOIST PRESS

Juan Pablo Macías

Ausstellungsansichten

Fotos: Ela Bialkowska


Seit 2009 forscht Juan Pablo Macías (Mexiko, 1974) nach anarchistischem Wissen und Medien. Ausgangspunkt war die Rechtslage einer der größten anarchistischen Bibliotheken Lateinamerikas, die vor fünf Jahren in Mexiko City infolge eines Räumungsurteils wegen Mietrückstands beschlagnahmt wurde. Nachdem Macías mehrere Arbeiten rund um diese Bibliothek realisiert hatte, untersuchte er in staatlichen und privaten Archiven sowie im Internet die Beziehungen zwischen dem Wissen der Macht und dem der Revolte, zwischen Systemen der Repräsentation und denen der Affektivität.

Mit seinen Aktionen, Interventionen, Archiv-Arbeiten und Publikationsprojekten erzeugt Macías Spannungen zwischen Institution, Kunst und sozialem Umfeld, indem er sich einer flachen Semantik verweigert und Konzepte entwickelt, die direkt auf biologische, soziale und ökonomische Körper einwirken. Seine Arbeiten wurden in Mexiko und weltweit in Museen gezeigt.

Das Aufeinandertreffen von gesellschaftlicher Repräsentation (mit dem Eigentumsbegriff im Zentrum) und dem Wissen von Revolte und Affekt führte Juan Pablo Macías zu weiteren Fragen: wie verwandeln sich formlose Affekte in gesellschaftlich strukturierte und legale Daseinsformen, die dann die Freiheiten von Einzelnen und Gemeinschaften bestimmen, sei es in Form von freiem Zugang zum Wissen oder in der Verwandlung von feuchter Tinte in Normen gesetzlicher Bestrafung?

In der Villa Romana stellt Juan Pablo Macías sein Publikationsprojekt WORD+MOIST PRESS1 vor und dessen ersten Band The Anarchist Doctrine Accessible to All, 1925 von José Oiticica verfasst, dem Philologen, Dichter, Anarchisten und Großvater des brasilianischen Künstlers Helio Oiticica. Macias versteht Arbeit als  formales Material, das wie jedes andere – beispielsweise Tinte – dazu dient, als Hilfsmittel nutzbar zu werden. Jetzt hat er erstmals eine Übersetzung des Texts The Anarchist Doctrine Accessible to All bei Maíra das Neves und Kadija de Paula, Mitgliedern der Agência Transitiva (Rio de Janeiro, Brasilien), in Auftrag gegeben. Die englische Fassung ist zugleich Vorlage für das Einschreiben dieses Texts in die Wände der Villa Romana.

Solche Wandinschriften – die an Zeichnungen von Gefangenen oder alte Graffitis erinnern – verkörpern für Macías Transaktionsprozesse verschiedener Ebenen seiner Arbeit. Arbeit verstanden als eine Tätigkeit, die man heimlich oder in häuslicher Intimität ausführt und die dann unterschiedliche Wirkungen im öffentlichen Leben erreichen kann: in Institutionen, in künstlerischer Praxis und Kunstfertigkeiten, im sozialen Feld. Tatsächlich geht die Oiticica-Übersetzung auf Juan Pablo Macías‘ Wunsch zurück, diesen ursprünglich auf Portugiesisch verfassten Text endlich lesen zu können und – in der Folge – eine größere Verbreitung für diesen ursprünglichen Wunsch zu schaffen.


1 WORD+MOIST PRESS ist ein Publikationsprojekt, das sich der Herausgabe von Büchern und Medien widmet, die aus Feuchtigkeit, Fleisch und Blut bestehen. WORD+MOIST PRESS zeigt Wörter, die weder Text noch Gesetz sind, sondern vielmehr ein Hauch von Vergangenheit und Gegenwart.


WORD+MOIST PRESS veranstaltet am 18. und 19. Oktober unter dem Titel Histories of Publishing eine Reihe von Gesprächen mit Maíra das Neves und Kadija de Paula von der Agência Transitiva, den Künstlern Federico Bacci und Christopher Jones, Massimo Mazzone und Dr. Nicholas Thoburn.


(Text nur auf englisch)

The work of Juan Pablo Macías (Mexico, 1974), explores the relation between systems of representation and affectivity, and analogically, between power knowledge and insurrectional knowledge. With his actions, interventions, work on archives and editorial projects, he intends to cause tensions between institution, art practice and social field, abandoning flat semantics by producing programs that operate directly on the biological, social and economic bodies. His work has been shown in major art museums in Mexico and around the world.


Mit freundlicher Unterstützung von Brice Delarue von Zirkumflex Berlin

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