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Veranstaltungen

19.03.2022

Symposium

The Tellers

rosa murales

Davood Madadpoor, Ko-Kurator des Symposiums

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Santiago Zabala, Lecturer

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Nat Muller, Lecturer

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Diskussionsrunde

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Mohamed Abdelkarim, Lecture-Performance

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Publikum

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Publikum


Im Rahmen der Ausstellung The Tellers veranstaltet die Villa Romana am Samstag, den 19. März 2022, ab 11 Uhr ein eintägiges Symposium. Anhand der Beiträge von Raffaella Baccolini (Università di Bologna, Forlì Campus), Nat Muller (unabhängige Kuratorin, Schriftstellerin und Wissenschaftlerin) und Santiago Zabala (Research Professor für Philosophie an der Universität Pompeu Fabra in Barcelona, Spanien) werden die wichtigsten Aspekte der Ausstellung dargelegt und erörtert, gefolgt von einer Publikumsdiskussion und einer abschließenden Performance von Mohamed Abdelkarim.

Alle Vorträge sowie die Performance finden auf Englisch statt und werden per Livestream auf Radio Papesse präsentiert.


Programm

11 Uhr
Begrüßung durch Angelika Stepken, Direktorin der Villa Romana
Einführung zur Plattform Sumac Space durch Davood Madadpoor

11.15 Uhr
Einführung zum Symposium durch Katharina Ehrl (Sumac Space)
 
11.30 Uhr
Raffaella Baccolini
Memory, Language, and Storytelling as Resistance.

Baccolinis Beitrag analysiert die Rolle und Bedeutung von Sprache, Kommunikation, Storytelling und Erinnerung als Formen des Widerstands. Die klassische, traditionelle Dystopie bedient sich oft der literarischen Konvention eines wiederentdecktes Buches aus der Vergangenheit als Weckruf für den /die dystopischen Protagonisteninnen und Protagonisten. Indem sie untersucht, inwieweit zeitgenössische kritische Dystopien die Konvention des verbotenen Buches erneuert und aktualisiert haben, wird Baccolini die Bedeutung von Sprache und Storytelling – und ihre Verbindung mit Kommunikation, Erinnerung und Verhandlung – nicht nur als Mittel zum Überleben der Protagonisteninnen und Protagonisten, sondern auch als Möglichkeit zum Widerstand gegen die dystopische Welt, analysieren. Die Sprache, ihre Wiedergewinnung und ihr Gebrauch stehen für die Notwendigkeit, einen schwierigen, komplexen Widerstand anzustreben, der oft mit der Akzeptanz einer ausgehandelten (gegenseitigen) Abhängigkeit beginnt. Angesichts des gegenwärtigen von Rassismus und Hass geprägten Klimas, das sich in der entmenschlichenden Politik manifestiert, mit der Schwarze, Migranten und Migranteninnen und Flüchtlinge heute überall auf der Welt konfrontiert sind, bieten diese Werke eine zeitgemäße Reflexion über die Alphabetisierung und Verhandeln als Instrumente des Widerstands, die auch notwendig sind, um selbst in extremen Unterdrückungssituationen die Hoffnung aufrechtzuerhalten.

12.30 Uhr
Santiago Zabala
Where is the Future? Warnings through Art

Philosophie ist eine Warnung und fordert uns dazu auf, uns mit Zeichen zu beschäftigen, die unsere Zukunft betreffen. Diese Zeichen können sich auf unsere Existenz, unsere Umwelt oder auch auf die Politik beziehen. Das Problem ist, dass Warnungen, im Gegensatz zu Vorhersagen, schwache, vage und unklare Konzepte (in Form einer Ankündigung) sind, die oft ignoriert werden. Das ist wahrscheinlich der Grund, weshalb sie oft als nutzlos oder unbedeutend abgetan werden – ähnlich wie Menschen aus dem Bereich Umweltschutz, Philosophie und Kunst –, obwohl sie in Wirklichkeit lebenswichtig sind. Warnungen sind keine objektive Darstellung in unserer Gedankenwelt, sondern können nur durch Interpretation verstanden werden, d. h. durch eine aktive Mitwirkung, die unsere Existenz betrifft. Neuere philosophische Vorstellungen über Tiere, Pflanzen und Insekten sind Felder dieser Philosophie, da sie uns auch vor bestimmten Problemen warnen, die wir ignorieren, wie beispielsweise der Verlust der biologischen Vielfalt oder der Klimawandel. Was in der großen Kunst, wie auch in anderen Bereichen menschlicher Praktiken, oft zum Vorschein kommt, ist nicht die Darstellung von Schönheit, sondern die Offenlegung eines Ereignisses, das unsere ästhetischen Sinneswahrnehmungen, intellektuellen Fähigkeiten und kulturellen Interessen nicht erfassen können. Heutzutage ist die Kunst oft wirksamer als wissenschaftliche Verlautbarungen, wenn es darum geht, Warnungen auszusprechen. Das liegt nicht nur an der Fähigkeit der Künstlerinnen und Künstler, Schönheit hervorzubringen, sondern vielmehr an der Intensität und Tiefe ihrer Werke. Beispielsweise können Dokumentarfotografien über das fortschreitende Schmelzen der Polkappen wahrheitsgetreu sein. Sie sind aber selten so eindringlich wie Kunstwerke, die sich mit diesem Ernstfall befassen. Wenn sich die Kunst unsere Warnungen aneignet, offenbart sich die Zukunft.

13.30 Uhr
Pause

14.30 Uhr
Nat Muller
Futuring is a Verb: Looking for Possibility through Ruins in Contemporary Art from the Middle East

Anhand der Arbeiten zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler aus dem Nahen Osten, darunter die palästinensische Künstlerin Larissa Sansour, die libanesischen KünstlerInnen und FilmemacherInnen Joana Hadjithomas und Khalil Joreige, die kuwaitische Künstlerin Monira Al Qadiri und der libanesische Künstler Akram Zaatari, stellt diese Präsentation zwei Prämissen auf den Prüfstand. Erstens wird die Frage erörtert, inwieweit Ruinen als Zukunftsmotive betrachtet werden können, statt als Zeichen des Verfalls und der Vergangenheit verhaftete Gebilde. Zweitens wird der Frage nachgegangen, welche Art von spekulativen Bildern, Vorstellungen und politischen Positionen erforderlich sind, um dieses Potenzial zu erschließen und die Zukunft durch die Trümmer hindurchzusehen. Wie verändert die zukunftsorientierte Erweiterung der mit der Ruinen verbundenen Zeitlichkeit ihre Bedeutung und welche Art von Social Dreaming kann damit zusammenhängen? Welche neuen Möglichkeiten bietet ein solcher Ansatz auf historischer, politischer und künstlerischer Ebene?

15.30 Uhr
Pause

16 Uhr
Publikumsdiskussion moderiert von Nat Muller

17.30 Uhr
Mohamed Abdelkarim
When there is no sun: Lightning brightens the sky.
Performance
40'

Eine Performance bestehend aus Texten und Bildern, die vom GPT-2-Artificial Intelligence Model generiert und zu einer nichtlinearen Erzählung verknüpft worden sind. Den Ausgangspunkt der Narration bildet das Erlebnis eines UFO-Zeugen in Asyut, Ägypten 1989, gefolgt von weiteren Ereignissen aus demselben Jahr. Die KI-generierte Erzählung wechselt zwischen verschiedenen Milieus und Charakteren und setzt sich dabei mit Weltraumwesen, Entführungen durch Außerirdische, Putsch und Aussterben terristrischer Spezies auseinander. Die fragmentarische Erzählung wird durch die Übermittlung von Schlüsselwörtern und Begriffen wie Sehen, Konzentrationsstörung, Starren, Glauben und dem Herbeiwünschen einer ungewissen Zukunft generiert.
Das Projekt wurde von der Sharjah Art Foundation 2020 /21 in Auftrag gegeben.


Biografien der Referentinnen und Referenten

Raffaella Baccolini lehrt Gender Studies, sowie amerikanische und britische Literaturwissenschaft an der Universität Bologna, Campus Forlì. Sie hat zahlreiche Artikel über das Schreiben von Frauen, Dystopie und Science-Fiction, Trauma und Erinnerung, Modernismus und Jugendliteratur veröffentlicht. Darüber hinaus hat Bacciolini mehrere Bücher herausgegeben, darunter Transgressive Utopianism: Essays in Honor of Lucy Sargisson (mit Lyman Tower Sargent, 2021), Utopia, Method, Vision: The Use Value of Social Dreaming (ebenfalls mit Tom Moylan, 2007) und Dark Horizons: Science Fiction and the Dystopian Imagination (mit Tom Moylan, 2003). Derzeit arbeitet sie an den Themen Nächstenliebe, Solidarität und feministische Bildung als utopische, politische Handlungen.

Santiago Zabala ist ICREA Research Professor für Philosophie an der Universität Pompeu Fabra in Barcelona. Er ist Autor zahlreicher Bücher, darunter Being at Large: Freedom in the Age of Alternative Facts (McGill-Queen's University Press, 2020) und Why Only Art Can Save Us: Aesthetics and the Absence of Emergency (Columbia University Press, 2017). Seine Meinungsartikel sind in der New York Times, Al-Jazeera und The Los Angeles Review of Books sowie in anderen internationalen Medien erschienen.

Nat Muller ist unabhängige Kuratorin und Autorin mit umfassenden Kenntnissen der zeitgenössischen Kunst aus dem Nahen Osten. Sie schreibt regelmäßig für internationale Kunstpublikationen wie Ocula und Hyperallergic und hat eine Reihe von Künstlermonografien herausgegeben, darunter Walid Siti (Kehrer Verlag, 2020), Nancy Atakan's Passing On (Kehrer Verlag, 2016) und Sadik Kwaish Alfraji (Schilt Publishing, 2015). Muller hat Video- und Filmvorführungen kuratiert, unter anderem für das Internationale Filmfestival Rotterdam (NL), das Norwegische Kurzfilmfestival (NO), die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen (DE) und Video D.U.M.B.O (USA). Zu ihren jüngsten Ausstellungsprojekten zählen der dänische Pavillon für die 58. Biennale von Venedig (2019) mit der palästinensischen Künstlerin Larissa Sansour und die Gruppenausstellung Trembling Landscapes: Between Reality and Fiction im Eye Filmmuseum in Amsterdam (2020). Muller promoviert an der Birmingham City University mit Förderung des AHRC über Science Fiction in der zeitgenössischen Kunst des Nahen Ostens.

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